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10.12.2025
13:22 Uhr

Bundesfinanzhof winkt Grundsteuer-Chaos durch: Eigentümer werden zur Kasse gebeten

Die Grundsteuerreform entpuppt sich als das, was kritische Beobachter von Anfang an befürchtet hatten: Ein weiterer Griff in die Taschen der Bürger, diesmal elegant verpackt als "aufkommensneutrale" Reform. Der Bundesfinanzhof hat nun mehrere Klagen gegen das neue Grundsteuer-Modell des Bundes abgeschmettert und damit den Weg für eine beispiellose Abzocke der Immobilieneigentümer freigemacht.

Was die Richter in München als verfassungskonform durchgewunken haben, spottet jeder Beschreibung von Gerechtigkeit. Die pauschale Besteuerung von Immobilien auf Basis fiktiver Mieteinnahmen und schwammiger Bodenrichtwerte sei demnach völlig in Ordnung. Der Gesetzgeber dürfe "generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen", heißt es in der Urteilsbegründung. Im Klartext: Hauptsache, die Kasse klingelt, die Details sind zweitrangig.

Praktikabilität vor Gerechtigkeit

Besonders dreist ist die Argumentation des Bundesfinanzhofs, wonach "Praktikabilitätserwägungen Vorzug vor Gesichtspunkten der Ermittlungsgenauigkeit" haben dürften. Man stelle sich vor, diese Logik würde bei der Einkommensteuer angewandt: Der Staat schätzt einfach pauschal, was die Bürger verdienen könnten, und kassiert entsprechend ab. Undenkbar? Bei der Grundsteuer ist genau das jetzt höchstrichterlich abgesegnet.

Die Richter räumen sogar unverblümt ein, dass es zu "beträchtlichen Bewertungs- und Ermittlungsunschärfen" komme. Diese müssten aber in Kauf genommen werden, "um die Festsetzung und Erhebung der Steuer handhabbar zu halten". Anders formuliert: Der Staat ist zu faul für eine gerechte Besteuerung, also müssen die Bürger eben die Zeche zahlen.

Das Märchen von der Aufkommensneutralität

Erinnern wir uns: Die Grundsteuerreform wurde der Bevölkerung als aufkommensneutral verkauft. Ein klassisches Beispiel dafür, wie die Politik ihre Versprechen bricht. In zahlreichen Städten und Gemeinden explodieren die Grundsteuerbescheide geradezu. Eigentümer in gefragten Lagen werden besonders zur Kasse gebeten - als ob sie etwas dafür könnten, dass ihr Grundstück an Wert gewonnen hat.

Fast drei Millionen Bundesbürger haben Einspruch gegen ihre neuen Grundsteuerbescheide eingelegt. Das ist keine kleine Minderheit von Querulanten, sondern ein Aufschrei der geplagten Eigentümer, die sich zu Recht über die Haufen geworfen fühlen. Doch der Bundesfinanzhof zeigt sich unbeeindruckt von diesem Massenprotest.

Die nächste Station: Karlsruhe

Der Eigentümerverband "Haus und Grund" sowie der "Bund der Steuerzahler" haben bereits angekündigt, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. "Die neue Grundsteuer ist für viele Bürger komplexer, teurer und ungerechter geworden", bringt es Steuerzahler-Präsident Rainer Holznagel auf den Punkt. Doch die Hoffnungen sollten nicht zu hoch sein. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in den letzten Jahren nicht gerade als Bollwerk gegen staatliche Übergriffe hervorgetan.

Besonders perfide ist die starke Abhängigkeit der neuen Grundsteuer von Bodenrichtwerten und pauschalierten Nettokaltmieten. Wer das Pech hat, in einer gefragten Gegend zu wohnen, wird doppelt bestraft: Erst durch hohe Kaufpreise oder Mieten, dann durch eine überzogene Grundsteuer. "Was Bürger zahlen, hängt immer stärker vom zufälligen Bodenrichtwert und vom Wohnort ab als von nachvollziehbaren Maßstäben", kritisiert Kai Warnecke von "Haus und Grund" völlig zu Recht.

Ein Blick in die Geschichte

Ironischerweise hatte das Bundesverfassungsgericht 2018 die alte Grundsteuerregelung für verfassungswidrig erklärt, weil gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandelt wurden. Die Lösung? Ein System, das noch willkürlicher ist als das alte. Statt auf Daten von 1964 und 1935 zurückzugreifen, verlässt man sich jetzt auf fragwürdige Bodenrichtwerte und fiktive Mieten. Der Fortschritt besteht offenbar darin, dass die Ungerechtigkeit jetzt moderner daherkommt.

Immerhin haben fünf Bundesländer - Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen - von ihrem Recht Gebrauch gemacht, eigene Grundsteuermodelle zu entwickeln. Doch auch gegen diese laufen zahlreiche Klagen. Die Grundsteuer-Misere ist ein bundesweites Phänomen.

Die wahren Leidtragenden

Am Ende trifft es wie immer die normalen Bürger. Eigentümer werden zur Kasse gebeten, Mieter müssen die höheren Kosten über die Nebenkosten mittragen. Die Grundsteuer, eigentlich als kommunale Steuer zur Finanzierung lokaler Infrastruktur gedacht, wird zum Instrument staatlicher Abzocke. Während die Politik von bezahlbarem Wohnraum schwadroniert, treibt sie gleichzeitig die Wohnkosten durch solche "Reformen" in die Höhe.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs ist ein weiterer Beleg dafür, wie weit sich die Justiz von den Interessen der Bürger entfernt hat. Wenn "Praktikabilitätserwägungen" wichtiger sind als Gerechtigkeit, wenn "beträchtliche Unschärfen" achselzuckend hingenommen werden, dann hat der Rechtsstaat ein ernsthaftes Problem. Die Grundsteuer-Reform ist nicht nur eine finanzielle Belastung für Millionen von Bürgern, sie ist auch ein Symptom für den Zustand unseres Gemeinwesens: Der Staat nimmt sich, was er kriegen kann, und die Gerichte nicken es ab.

In Zeiten steigender Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit wäre es angebracht, die Bürger zu entlasten statt sie weiter zu schröpfen. Doch davon kann bei der aktuellen Politik keine Rede sein. Die Grundsteuer-Reform reiht sich nahtlos ein in eine lange Liste von Maßnahmen, die den fleißigen Mittelstand belasten und das Eigentum de facto besteuern. Wer in diesem Land noch spart und vorsorgt, wird dafür bestraft. Ein Schelm, wer dabei an sozialistische Umverteilungsfantasien denkt.

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